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Ganz oder garnicht - Karsten Häber und sein Team sind aus der großén Kriese der Holzfenster gestärkt hervorgegangen. Der unternehmerische Weitblick hat sich bezahlt gemacht - heute sind sie vor allem im schwierigen Objektgeschäft erfolgreich.
„Montage ist eine Wissenschaft geworden.“
Karsten Häber kann ein Lied von den Hindernissen singen, die heutzutage von Fensterbauern gemeistert werden müssen. „Hier geht es richtig zur Sache, denn im Objektbereich arbeitet man mit Generalunternehmern zusammen. Und wenn man sich da nicht auf Augenhöhe bewegt, wird man gefressen.“
Bisher haben die Bernauer jeden versuchten Biss vereiteln können. Doch der Erfolg war dem Tischlermeister nicht in die Wiege gelegt. „Ich habe mich 1989, kurz vor der Wende, selbstständig gemacht. War super, endlich alle Maschinen beisammen, und dann war alles auf einmal fast wertlos.“ Eine Voraussetzung, um in der DDR einen handwerklichen Betrieb zu gründen, war eine vorhandene Ausstattung. Die zu beschaffen, war in der Mangelwirtschaft gerade für Neueinsteiger extrem schwierig. Doch nach der Wende waren die alten Schätzchen, mühsam organisiert oder teuer erworben, der westdeutschen Konkurrenz nicht gewachsen.
Raus aus der Krise, raus aus Berlin
„Ich habe mich trotzdem etabliert, und zwar von Anfang an mit dem Fenster- und Haustürenbau“, schildert Häber die zunächst holprigen Anfänge. Doch die nächsten einschneidenden Veränderungen kamen schnell: Von 1995 bis 1998 brach der Markt für Holzfenster deutlich ein, auch durch Überkapazitäten in der Branche. „Da wir damals alles bedient haben, vom Objekt bis zur Reparatur, konnten wir uns ganz gut halten“, beschreibt Häber die schwierige Situation.
Durch die Länderfusion von Berlin und Brandenburg änderten sich fast zeitgleich die Rahmenbedingungen für die Werkstatt. Das produzierende Handwerk sollte raus aus der Stadt. Karsten Häber stand vor der Alternative: „Ganz klein ging nicht mehr. Also ganz oder gar nicht.“
Er wagte den Schritt, zog nach Bernau. „Hier habe ich dann neu gebaut. Und das war der richtige Weg. Damals haben wir noch die gesamte Wertschöpfungskette gemacht, vom Aufmaß bis zur Montage.“ Sechs Mitarbeiter stark war das Team, das immerhin fünf bis zehn Fenster am Tag fertigstellte und montierte.
Wachstum mit Mut und Maß
Heute arbeiten allein sechs Ingenieure bei Holzfensterbau Bernau (HFBB). „Dieses Know-how meiner Mitarbeiter ist absolut notwendig im Haifischbecken Objektgeschäft.“ 2003 bekam Häber den ersten Großauftrag. „In Spandau sollten 250 bis 300 Sprossenfenster mit Segmentbogen ausgetauscht werden.“ Die Bernauer schafften die Mammutaufgabe. Und sind seither geübt darin, auch schwierige Großprojekte zu bewältigen. „Und davon gibt es in Berlin genug“, antwortet Häber auf die Frage nach der Auslastung des Betriebes.
Doch HFBB ist vor allem bekannt als Hersteller und Verkäufer hochwertiger Holzfenster. Heute verlassen rund 100 Fenster und Türen am Tag die Produktionsstätten in Bernau und Forst, allein drei Sattelauflieger verstärken den eigenen Fuhrpark. „Wir liefern unsere Fenster und Türen an Tischler und Schreiner im großen Umkreis“, erzählt Ralf Schindler. Der studierte Maschinenbauer ist seit 2004 bei den Bernauern und ein gewiefter Vertriebler. Bei HFBB ist er Prokurist.
1. Der Chef / Karsten Häber | 2. Der Betrieb / Blick in dei Werkstatt in Bernau | 3. Feinarbeiten / Holz in jeder Form und jedem Format |
4. Werkzeuge / Das Herzstück der CNC-Fertigung | 5. Konstruktion / Sondermaß sind hier nichts Besonderes | 6. Der Prokurist / Ralf Schindler
ist Herr der Zahlen | 7. Freiformen / Bogen und Kästen sind eine Domäne der Bernauer | 8. Teanwork / Die Fentserbauer beschäftigen 62 Mitarbeiter
Objekt mit Tücke
„Konzentriert haben wir uns in den letzten Jahren auf den Wiederverkauf“, erklärt Schindler. „Zwei bis drei Objekte betreuen wir aber im Jahr noch. Denn da muss man immer am Ball bleiben, um den Anschluss nicht zu verlieren.“ Das Geschäft ist durch die nötigen Zertifizierungen und eigene Prüfungzeugnisse enorm aufwändig. Die aber verlangt ein Generalunternehmer. „Das können kleine Betriebe gar nicht mehr leisten.“
In Zukunft nehmen Häber und Schindler das Objektgeschäft allerdings wieder stärker ins Visier: „Die Generalunternehmer haben erkannt, dass die ewige Preisdrückerei ihre Grenzen hat. So allmählich gewinnt der Begriff Fairness auch in diesen Reihen wieder an Wert“, meint Schindler. Windige Projekte mit zweifelhaften Partner könne man getrost links liegen lassen.
Holz mit Leidenschaft
Dem Holz gilt die alleinige Aufmerksamkeit von Häber und seinem Team. „Holzfenster sind die einzig echten Fenster! Da kommt auch Holz-Alu nicht mit, die sind doch vor allem dank der Lobbyarbeit der Industrie so stark.“ In Bernau ist man besonders stolz auf die Kompetenz beim Kastenfenster („Hier erreichen wir Werte unterhalb des Passivhausniveaus.“) und auf Sonderfertigungen. „Es gibt nichts, was wir nicht bauen“, versichert Karsten Häber.
Der Handwerksunternehmer hält einen engen Kontakt zu Prüfinstituten („Das ist lebenswichtig“) und ist stellvertretender Vorsitzender im Bundesverband Pro Holzfenster. „Wir entwickeln permanent eigene Ideen, auch durch Anregungen vom Markt. So sind wir besonders stolz auf unsere handgetrichenen, ölbasierten Oberflächen.“
Neben Hölzern aus dem heimischen Raum greifen die Fensterbauer aus Bernau auch gern zu tropischem Meranti. „Das Holz hat allein schon aufgrund seiner technischen Eigenschaften seine Berechtigung. Hier bei uns ist es einfach extrem langlebig, weil unsere Holzschädlinge um das Hartholz einen großen Bogen machen. Entscheidend ist aber auch bei diesem teuren Produkt die Oberflächenbehandlung.“ Und das ökologische Gewissen? „Haben wir auch. Aber das Zeug wächst nun einmal nur in den Tropen. Immerhin achten wir darauf, zertifiziertes Holz, in diesem Fall aus Malaysia, zu verwenden. Aber mal im Ernst: Für acetylisiertes Holz wie Accoya wird Nadelholz aus Neuseeland quer über den Globus geschippert. Und wer sagt, dass „Europäische Eiche“ nicht doch aus illegalen Einschlägen in Ost- oder Südosteuropa stammt?“ Karsten Häber beugt sich vor: „Aber alles ist doch besser als Plaste-Fenster, deren Basis Rohöl ist. Das ist doch wohl klar!“
Text von Lutz Odewald - genau 9/2014